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Mietpreis-Initiative

Faire Mieten statt Preisexplosion

Für immer mehr Menschen wird das Wohnen zum finanziellen Hauptproblem. In vielen Haushalten ist die Miete längst der grösste Posten im Monatsbudget. Und die Mietkosten steigen weiter, obwohl der Referenzzinssatz eigentlich gesunken ist. Nun hat der Mieterinnen- und Mieterverband eine Initiative lanciert, die für faire Mieten sorgen soll.

Im Schnitt zahlt ein Haushalt in der Schweiz jeden Monat 360 Franken zu viel Miete. Jahr für Jahr fliessen so über 10 Milliarden Franken zu viel an Vermieterinnen und Vermieter. Das sind missbräuchlich hohe Mieten, die nicht dem Gesetz entsprechen. Es trifft nicht nur Menschen mit tiefem Einkommen, sondern auch die breite Mittelschicht. Wenn ein Drittel oder mehr des Einkommens für die Miete draufgeht, bleibt kaum noch etwas zum Leben.

Profit statt anständige Preise

Verantwortlich für diese Entwicklung sind nicht einfach einzelne Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer oder ein «Markt», der versagt, sondern Immobilienkonzerne. Solche Konzerne spekulieren mit Wohnraum wie mit Aktien. Sie kaufen Wohnungen, sanieren sie oberflächlich, kündigen bestehenden Mieterinnen und Mietern und vermieten sie anschliessend zu massiv höheren Preisen.

Das war nicht immer so: Im Jahr 2000 war noch eine Mehrheit der Mietwohnungen im Besitz von Privatpersonen. Heute werden diese zunehmend von Immobilienkonzernen, Fonds und Banken verdrängt. Wohnungen sind dabei nicht mehr ein Dach über dem Kopf, sondern Renditeobjekte, mit denen Konzerne möglichst viel verdienen wollen.

Gesetze werden nicht durchgesetzt

Eigentlich sagt das Mietrecht klar, was zulässig ist: Mieten müssen sich an den realen Kosten orientieren – also Bau, Unterhalt und einer «angemessenen Rendite». Wörtlich steht in der Bundesverfassung (Art. 109): «Der Bund erlässt Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse.»

Doch oft wird das Mietrecht nicht angewandt, weil es an Kontrollen fehlt. Heute müssen Mieterinnen und Mieter innerhalb von 30 Tagen nach Einzug ihre Anfangsmiete anfechten. Für viele ist ein Umzug sowieso schon eine stressige Situation. Viele sind unsicher und wagen nicht, etwas zu unternehmen. Statt dass sie von Anfang an vor Missbrauch geschützt werden, müssen sich Mieterinnen und Mieter nachträglich selbst wehren.

Initiative für Gerechtigkeit im Mietwesen

Genau hier setzt die Mietpreis-Initiative des Mieterinnen- und Mieterverbandes an. Sie will zurückbringen, was lange selbstverständlich war: Kontrolle und Gerechtigkeit im Mietwesen. Die Initiative fordert:

  • regelmässige und automatische Überprüfung der Mieten,
  • klare Begrenzung auf Kostenmiete plus faire Rendite,
  • Verankerung dieser Grundsätze in der Bundesverfassung.

Konkret heisst das: Ein Mietzins gilt künftig als missbräuchlich, wenn er die tatsächlichen Kosten plus eine gesetzlich festgelegte Rendite übersteigt. Auch spekulative Käufe zu überrissenen Preisen dürfen nicht mehr auf die Miete abgewälzt werden.

Wenn keine überhöhten Renditen mehr möglich sind, lohnt sich die Spekulation mit teurem Boden nicht mehr. Heute treiben Investorinnen und Investoren die Grundstückspreise in die Höhe, weil sie wissen: Mit Mieterhöhungen holen sie alles wieder rein. Genau diesen Teufelskreis durchbricht die Initiative.

Auch im Sinn anständiger Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer

Wichtig zu wissen ist, die Initiative ist kein Angriff auf das Privateigentum – und sie richtet sich auch nicht gegen private Vermieterinnen und Vermieter, die fair handeln. Wer in seine Liegenschaft investiert, wird das auch weiterhin tun können: Die Initiative erlaubt es auch in Zukunft, die Kosten über die Miete zu decken und eine angemessene Rendite zu erzielen. Sie begrenzt überhöhte Renditen und schützt damit nicht nur die Mieterinnen und Mieter, sondern auch all jene Vermieterinnen und Vermieter, die verantwortungsvoll handeln. Wer langfristig denkt und fair vermietet, wird durch die Initiative nicht eingeschränkt – sondern gestärkt. Das gilt übrigens auch für Pensionskassen, die oft in Immobilien investieren. Im Interesse ihrer Versicherten setzen auch sie auf nachhaltige und faire Mieten, statt auf maximale Profite.

Am 3. Juni hat der Mieterinnen- und Mieterverband die Unterschriftensammlung für die Initiative gestartet: mietpreis-initiative.ch.

Michael Spahr