Positionspapier Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit (2025)

  • Stopp Gewalt, mehr Respekt für das Personal
  • Branchenlösung für gesundheitlich angeschlagene Personen
  • Gesundheit am Arbeitsplatz

In der Nachcorona-Zeit stehen immer noch Folgen der Erkrankung im Raum, insbesondere Long COVID und Fatigue-Syndrom. Die Anerkennung durch die IV ist nach wie vor ein ungelöstes Problem. Vordringlicher ist für den SEV die drohende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im Homeoffice durch die angestrebte Gesetzesänderung des Parlamentes und die gesundheitlichen Folgen von Gewalt und Aggressionen gegen das Verkehrspersonal.

Gewalt gegen Personal im öffentlichen Verkehr

Die Sicherheit am Arbeitsplatz ist ein zentrales Anliegen des SEV und ein Kernbestandteil der gewerkschaftlichen Arbeit und der Gewerkschaftspolitik. Mitarbeitende im öffentlichen Verkehr sind zunehmend Gewalt, Aggressionen und Übergriffen ausgesetzt. Der SEV startet im 2025 eine eigene Kampagne «Stopp Gewalt – mehr Respekt für das Personal», um ein breites Bewusstsein zu schaffen für Sicherheitsprobleme im öffentlichen Verkehr und für mehr Respekt gegenüber dem Personal. Gewalt muss in erster Linie verhindert werden. Sollte es trotzdem zu Gewalt gegen Personal im öffentlichen Verkehr kommen, muss der Opferschutz und die Nachsorgebetreuung für Betroffene intensiviert sein, um das Erlebte verarbeiten zu können. Es braucht verstärkte Sicherheitsmassnahmen, bessere Schulungen und eine enge Zusammenarbeit mit Sicherheitskräften. Es gilt: Null Toleranz gegenüber Gewalt!

Eine Branchenlösung für gesundheitlich angeschlagene Personen

Die beruflich bedingten Belastungen bei der Arbeit im öffentlichen Verkehr haben Auswirkungen auf die Gesundheit. Der SEV verlangt deshalb eine Branchenlösung für Weiterbildung, Reintegration und Umschulungen für gesundheitlich eingeschränkte Personen. Dazu gehört zwingend eine Anstellungsgarantie, wie sie bei der SBB Praxis ist.

In kleinen KTU ist eine Anstellungsgarantie schwierig umzusetzen. Daher sollten solche Lösungen auf einer breiteren Ebene angegangen werden können. Es könnten beispielsweise «Arbeitspools» auf regionaler Ebene geschaffen werden. Massnahmen zur Aus- und Weiterbildung sowie Umschulungen sollten auf nationaler Ebene durchgeführt werden, wozu ein paritätischer Fonds für die öV-Branche zu schaffen ist, der sich aus Beiträgen der Arbeitgeber, der Arbeitnehmenden, der Sozialversicherungen (AHV, Suva) und allenfalls auch weiterer öffentlicher Institutionen zusammensetzt.

Gesundheit am Arbeitsplatz

Nach den beiden Untersuchungen von 2010 und 2018 hat der SEV Anfang 2022 eine neue «Umfrage zur Entwicklung der Arbeitsbedingungen und des Gesundheitszustands der Busfahrerinnen und Busfahrer» durchgeführt. Neu haben sich auch die Deutschschweizer öV-Sektionen der Gewerkschaften VPOD und Syndicom angeschlossen, damit die Resultate für die Branche noch repräsentativer und aussagekräftiger werden.

Die gesammelten Daten wurden – ebenfalls neu – durch Unisanté (Universität Lausanne) analysiert, womit die Umfrage auch einen statistisch interpretierbaren Wert erhält. 

Die Erhaltung der Gesundheit am Arbeitsplatz bleibt eine grundlegende Verantwortung der Unternehmungen. Hier nimmt vor allem in Berufen in operativen Bereichen der psychische und physische Druck eine immer stärker werdende Rolle ein: Der Verkehr nimmt ständig zu, Dienstpläne und Diensttouren werden bis auf die letzte Minute ausgereizt und selbst 5 Minuten für einen Gang auf die Toilette sind immer weniger vorhanden. Dieser Umstand spiegelt sich deutlich in der Absenzquote der betroffenen Arbeitnehmenden – diese fühlen sich je länger, je mehr erschöpft. Dabei spielen auch Umstände wie ein fahrender Arbeitsplatz (Zug, Tram, Bus usw.), aber auch die immer grösser werdende Ausdehnung des Verkehrsangebots (Nacht- bzw. 24-Std.-Angebot) eine wesentliche Rolle. Der SEV engagiert sich weiterhin dafür, dass die entsprechenden Prinzipien in jedem GAV verankert sind, und beobachtet deren Umsetzung. Dabei geht es nicht nur um arbeitsplatzbezogene Fragen, sondern auch um die Ausgestaltung der Pausen- und Ruheräume oder um die Bekämpfung von Stress und psychischem Druck aufgrund der ständigen Erreichbarkeit.

Der SEV achtet darauf, dass frauenspezifische Bedürfnisse und Gesundheitsrisiken mitberücksichtigt werden und setzt sich für die Förderung der Gleichstellung und für den Schutz vor sexualisierter Gewalt und Diskriminierung aller Art ein. Belästigende Verhaltensweisen, sexuelle Belästigung und Sexismus erniedrigen und verletzen die Würde einer Person. Sie wirken sich direkt auf die Gesundheit aus: Stress, Angst und Depressionen sind häufige Folgen, die zu Absenzen und Personalfluktuation führen können. Eine ausgewogenere Vertretung von Männern und Frauen in einem Unternehmen trägt zu einer respektvolleren Unternehmens- und Arbeitskultur bei und ist damit eine Quelle der Bereicherung und der Leistungssteigerung.

Längstens bekannt sind auch die schädigenden Auswirkungen der unregelmässigen Arbeitszeiten auf die körperliche und psychische Gesundheit. Dies kann zu einer höheren Anfälligkeit für krankheits- und unfallbedingte Abwesenheiten führen. Mit einer flexibleren Diensteinteilung mit Präferenzen für Früh- oder Spätschichten, wie sie die SBB bereits kennt, kann dem entgegengewirkt werden. Unternehmen im öffentlichen Verkehr müssen präventive Massnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsrisiken aufbauen und Programme oder Initiativen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes einführen oder bestehende ausbauen.

Homeoffice

In einer neusten Lesung im Parlament sollen die Bedingungen für das Homeoffice flexibilisiert werden. Die maximal zulässigen Arbeitsstunden werden massiv erhöht und freiwillige Wochenendarbeit zulässig. Gleichzeitig besteht ein hohes Misstrauen der Arbeitgeber an der Produktivität der Mitarbeitenden im Homeoffice. Durch solche Massnahmen und die erosive Grundhaltung werden die Mitarbeitenden einer hohen Gesundheitsgefahr durch die Dauerpräsenz ausgesetzt. Der SEV setzt sich für klare Regelungen des Homeoffice und dem Recht auf Nichterreichbarkeit ein.