40 Jahre stark – SEV-Frauenkommission schaut in die Zukunft

120 Teilnehmer:innen versammelten sich an der Jubiläumstagung der SEV-Frauenkommission im Hotel Bern. Der Tag bot Gelegenheit auf 40 Jahre Kampf für Gleichstellung zurückzuschauen, aber auch kämpferisch in die Zukunft zu blicken.
«40 Jahre Einsatz für Gleichstellung, Solidarität und die Stimme der Frauen im öffentlichen Verkehr», begrüsst Sibylle Lustenberger die Teilnehmer:innen der Bildungstagung der SEV-Frauenkommission am 28. November 2025. Sie macht deutlich, dass es nicht nur um ein Fest geht, sondern um eine Rückschau auf Kämpfe, Errungenschaften und die bleibende Notwendigkeit dieser Kommission. Sibylle Lustenberger, seit einem Jahr für Gleichstellung und Bildung im SEV verantwortlich, erinnert daran, dass die Frauenkommission seit vier Jahrzehnten ein Ort ist, an dem Frauen ihre Anliegen bündeln und sichtbar machen. Sie würdigt die Pionierinnen und bedankt sich bei allen Anwesenden für deren unermüdlichen Einsatz.
Frauenthemen sind Gewerkschaftsthemen
Barbara Keller, Vizepräsidentin des SEV, hält ein leidenschaftliches Plädoyer für die Kraft der Solidarität: «40 Jahre Mut, 40 Jahre Beharrlichkeit, 40 Jahre Solidarität unter Frauen, die nie bereit sind, sich mit dem Zweitbesten zufrieden zu geben.» Sie erinnert daran, dass Frauen im öffentlichen Verkehr lange ohne passende Uniformen, ohne eigene Garderoben und oft ohne eigene Toiletten arbeiteten – und dennoch nicht aufgegeben haben. «Diese Frauen durchbrachen und durchbrechen Barrieren und zeigen, was Gewerkschaftsarbeit im Kern bedeutet: sich nicht unterkriegen zu lassen, sich zusammenzutun und füreinander einzustehen.» Sie macht auch klar: Viele Hürden bestehen bis heute. Frauen sind weiterhin zu selten in Führungspositionen, zu oft mit Aggressionen im Berufsalltag konfrontiert und haben nach wie vor Schwierigkeiten, Karriere und Familie zu vereinbaren. «Frauenthemen sind Gewerkschaftsthemen», betont Barbara Keller. «Die Frauenkommission braucht es auch in den nächsten 40 Jahren dringend.»
Dass genau dieses Bekenntnis wichtig ist, erklärt auch das langjährige Frauenkommissionsmitglied Andrea-Ursula Leuzinger, Frauenvertreterin im Unterverband der Pensionierten PV: «Auch wenn gewisse Männer finden, wir hätten ja jetzt alles erreicht.» Ähnlich tönt es bei zahlreichen Pionier:innen der Frauenkommission, die ebenfalls zu Wort kommen, wie Danièle Dachauer, Doris Wyssmann, Hanny Weissmüller, Edith Graf-Litscher, Karin Hofmann und Lucie Waser.
Eine bewegte Geschichte
Den historischen Rückblick übernimmt die Gewerkschafterin und Historikerin Rebekka Wyler. Sie durchforstete in den letzten Monaten Archive, sichtete alte Protokolle und Fotos und führte zahlreiche Interviews. Ihre Recherche zeigt: Schon in den 1930er Jahren sind Frauen im öffentlichen Verkehr präsent – als Barrierenwärterinnen, Köchinnen oder Näherinnen. Doch sie bleiben eine Minderheit und müssen sich zusammenschliessen, um ernst genommen zu werden. Ein Flugblatt von 1971 formuliert vorsichtig: «Wir möchten endlich einmal selbst etwas tun oder wenigstens mitreden helfen.» Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Kurz zuvor wird das Frauenstimmrecht eingeführt. 1983 wird am SEV-Kongress der Antrag zur Gründung einer Frauengruppe gestellt, 1984 beginnen die Arbeiten, 1985 findet die erste Tagung statt. Unterstützt werden die Frauen von solidarischen Männern wie René Zimmermann und Nick Raduner, die als Gewerkschaftssekretäre die Gruppe begleiten. Damals gab es beim SEV noch keine Gewerkschaftssekretärinnen und viele Kollegen standen der Idee einer Frauenkommission eher skeptisch gegenüber. «Ehrlich gesagt war ich zuerst nicht begeistert, diese Aufgabe zu übernehmen», erinnert sich René Zimmermann, der gemeinsam mit Nick Raduner auch anwesend ist. «Aber schon bald habe ich erkannt, wie wichtig es ist, Vertrauen zu schenken und sich auch aus gewerkschaftlicher Sicht in die Probleme der Kolleginnen einzuleben.» Nick Raduner spricht vom ersten Frauenstreik 1991, an dem er mit seiner Tochter teilnimmt – ein Meilenstein, der die Frauenkommission endgültig etablierte.
1992 konstituiert sich die Frauenkommission offiziell. Seither trifft sie sich regelmässig, organisiert Tagungen und bringt Forderungen ein. Die Themen sind vielfältig: sexuelle Belästigung, Arbeitsbelastung, Gleichstellung, Gewalt am Arbeitsplatz. Immer wieder geht es darum, Frauen sichtbar zu machen und ihre Anliegen in die Gewerkschaftspolitik einzubringen. Der Rückblick macht deutlich: Die Frauenkommission ist nie bloss ein Ort des Austausches gewesen. Sie ist und bleibt ein Ort, an dem Frauen ihre Stimme finden, Selbstbewusstsein entwickeln und konkrete Politik gestalten. Die Jubiläumstagung verbindet Geschichte und Gegenwart – und richtet den Blick nach vorn. Denn die Herausforderungen bleiben: Vereinbarkeit, Repräsentation, Gewalt im Alltag. Die Botschaft des Tages ist klar: Nur gemeinsam, Schritt für Schritt, Forderung für Forderung, lässt sich die nach wie vor von Männern dominierte Verkehrsbranche verändern.
Workshops, Kuchen und Konzert
Der Nachmittag der Jubiläumstagung steht ganz im Zeichen des Empowerments. Die Teilnehmer:innen besuchen Workshops zu Themen wie Zivilcourage, Auftrittskompetenz und Stressbewältigung. Anschliessend gibt es Geburtstagskuchen und ein Konzert der Frauenband The Sparklettes mit viel feministischem Witz und Ironie. Am Ende steht ein stolzes Bekenntnis: «Auf die Pionierinnen von damals, die Kämpferinnen von heute und alle, die noch kommen. Auf die nächsten 40 Jahre Frauenkommission. Auf Solidarität. Auf Mut. Auf uns.»
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