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SBB Cargo in der Süd- und Westschweiz

Güterverkehr: Das Tessin mobilisiert

Nach den in den letzten Monaten angekündigten Entscheidungen, die beiden Tessiner Intermodal-Terminals in Cadenazzo und Lugano Vedeggio aufzugeben (sowie sechs weitere in der Schweiz) und der vorzeitigen Stilllegung der Rollenden Autobahn (Rola), regt sich im Tessin Widerstand. Verschiedene Organisationen und Einzelpersonen haben ein «Komitee gegen den Abbau von SBB Cargo im Tessin» gegründet. Am 29. August, um 18 Uhr, rufen sie zu einer Protestkundgebung beim Bahnhof Mendrisio auf.

Hintergrund der Kundgebung vom kommenden Freitag (hier das Programm) ist der drohende Abbau von Arbeitsplätzen sowie die Rückkehr von Tausenden Lastwagen auf die Strassen des Kantons. Es ist nicht nur das Cargo-Projekt «G-enesis», das Kopfzerbrechen bereitet (siehe auch Artikel "SEV kämpft weiter gegen «G-enesis»"). Dass sich die SBB weitgehend aus dem kombinierten Verkehr innerhalb der Schweiz zurückzieht, sowie die Entscheidung der Betreiber der Rollenden Landstrasse (Rola), diese vorzeitig zu beenden, ruft neue Befürchtungen hervor.

Besonders hart trifft es das Tessin, weil dort Arbeitsplätze verloren gehen und gleichzeitig wegen der Schliessung der Terminals und der Rola ein wachsendes Verkehrsaufkommen auf der Gotthard-Achse zu befürchten ist. Das Anfang Sommer gegründete Komitee, dem neben dem SEV auch andere Gewerkschaften, Verbände, Umweltorganisationen, Politikerinnen und Politiker sowie besorgte Bürgerinnen und Bürger angehören, lancierte die Petition «Nein zum Abbau von SBB Cargo im Tessin – verteidigen wir Arbeit, Umwelt und Volkswillen»die ihr hier unterschreiben könnt.

«Der SEV unterstützt die Kolleginnen und Kollegen von SBB Cargo vor Ort», erklärt SEV-Gewerkschaftssekretär Thomas Giedemann, der im Tessin für SBB Cargo zuständig ist und das Komitee mitgegründet hat. «Zudem sind wir auf die Politik und die Behörden zugegangen. Wir haben Gemeinden aufgefordert, Bundesrat Albert Rösti anzuschreiben, um ein Umdenken bei der Güterverkehrspolitik und der damit zusammenhängenden Umsetzung seitens SBB Cargo zu erreichen. Viele Gemeinden folgten diesem Aufruf. Ende Juni fand zudem ein Treffen mit dem Tessiner Staatsrat statt, wobei wir festgestellt haben, dass die SBB in der Region sowie gegenüber dem Staatsrat ungenügend kommuniziert.»

Die Entscheidung von SBB Cargo, die Terminals in Lugano Vedeggio und Cadenazzo aufzugeben, hat zusammen mit dem Projekt «G-enesis» und der vorzeitigen Schliessung der Rola mindestens drei gewichtige Konsequenzen, wie Thomas Giedemann erklärt:

  • Wegfall von qualifizierten Arbeitsplätzen im Tessin;
  • mehr Lastwagen auf der Gotthard-Achse, die jetzt bereits oft an ihre Kapazitätsgrenzen stösst;
  • Missachtung des Willens der Schweizer Stimmbevölkerung, die sich mehrfach für die Verlagerung des alpenquerenden Verkehrs auf die Schiene ausgesprochen hat (Alpen-Initiative, Schwerverkehrsabgabe und Alptransit/Neat).

«Die aktuelle Politik könnte die angestrebte Verlagerung auf die Schiene um Jahre zurückwerfen», befürchtet Thomas Giedemann.

SBB Cargo hat am 25. August angekündigt, den rund 40 Betroffenen eine GAV-konforme Lösung im Tessin anzubieten. Für zwei Drittel wurde bereits eine Lösung gefunden (Pensionierung oder Wechsel innerhalb der SBB im Tessin). Den übrigen Betroffenen werden in den nächsten Wochen Angebote für einen Wechsel zu Tilo oder für einen befristeten Einsatz in anderen Regionen unterbreitet.

Veronica Galster

Westschweiz: Zweifel an der Richtung der Reorganisation

In diesem Sommer hat der SEV seine Mitglieder an verschiedenen Standorten in der Westschweiz besucht, darunter auch kleinere. Bei dieser Gelegenheit wurden die Kolleginnen und Kollegen daran erinnert, dass sie sich bei Verlust ihres Arbeitsplatzes unverzüglich beim Gewerkschaftssekretär Vincent Barraud melden sollten.

Vor Ort herrscht nicht unbedingt Besorgnis, sondern eher Überdruss und Resignation angesichts einer Situation, die sich nie verbessert, und Aussichten, die düster sind und bleiben. Es bestehen wirklich grosse Zweifel an der Richtung dieser erneuten Reorganisation, die keine Perspektiven bietet. Wie kann ein Kundenverlust zu einer Produktivitätssteigerung führen? Es bleibt sehr zweifelhaft, ob dies der richtige Weg ist.

Derzeit sind die Dienstpläne in der Romandie eher angespannt. Es erschiene daher logischer, Personal einzustellen, als es abzubauen, zumal bald einige Mitarbeitende in den Ruhestand gehen werden. Mit weniger Personal wird sich die Arbeit für die verbleibenden Mitarbeitenden automatisch noch weiter intensivieren.

Besonders schwierig ist die Situation für die Travor-Mitarbeitenden, die heute als Bindeglied zwischen der Planung und der Einteilung der Ressourcen und Kunden fungieren. In Lausanne-Triage ist eine Zusammenlegung geplant. Dabei handelt es sich um echte Stellenstreichungen, da die Betroffenen nicht mehr für Planung, sondern nur noch für die Einteilung zuständig sein sollen, mit einem neuen Arbeitsvertrag.

Wer von SBB Cargo ein neues Stellenangebot erhält, ist gut beraten, vom SEV überprüfen zu lassen, ob die vorgeschlagene Stelle wirklich «angemessen» ist, wie im GAV vorgeschrieben. Es darf keine Lohnkürzung geben, die Fahrzeit zwischen Wohnort und Arbeitsort darf zwei Stunden pro Richtung nicht überschreiten, und das Alter und die Sprachkenntnisse der Person müssen berücksichtigt werden. Auch die bisherigen Arbeitszeiten dürfen nicht völlig durcheinandergebracht werden. Wenn es keine geeignete Stelle gibt, muss der/die Betroffene auf den internen Arbeitsmarkt der SBB verwiesen werden. Niemand darf auf der Strecke gelassen werden, denn der geltende GAV bietet bei Stellenaufhebungen einen weitgehenden Schutz und lässt insbesondere keine Kündigungen zu.

Yves Sancey