Neuer Zentralpräsident AS
«Die Digitalisierung bleibt unsere grösste Herausforderung»
Andreas Lüdin ist seit dem 1. August Zentralpräsident des Unterverbands AS (Administration und Services) und hat die Nachfolge von Peter Käppler angetreten. Der AS vertritt die Interessen einer breiten Berufsgruppe der SBB: von der Transportpolizei über das Schalterpersonal und die Fahrdienstleitung bis zur IT und Administration. Der AS ist der drittgrösste Unterverband des SEV.

Schon vor gut einem Jahr wurdest du gewählt. Erst jetzt hast du angefangen: Wie fühlst du dich?
Ehrlich gesagt bin ich immer noch etwas nervös, weil ich nicht genau weiss, was alles auf mich zukommt. Doch ich wurde sehr herzlich empfangen und konnte meine Aufgaben beim bisherigen Arbeitgeber, der SBB, sauber abschliessen. Jetzt freue ich mich auf die neuen Herausforderungen im AS.
Was hat dich dazu bewogen, dich um das Präsidentenamt zu bewerben?
Die Geschichte ist lustig: Als Kommunikationsverantwortlicher des AS habe ich das Inserat für Peter Käpplers Nachfolge verfasst – ohne gross darüber nachzudenken. Dann haben mich plötzlich mehrere Menschen gefragt: «Hast du dich schon beworben?» Zuerst habe ich gelacht und gedacht: «Ich? Präsident?» – aber als ich das Anforderungsprofil mit meinen Fähigkeiten abgeglichen habe, merkte ich: Das passt! Also habe ich mich beworben, ein Vorstellungsgespräch geführt und meine Ideen präsentiert.
Welche Ideen hast du vorgestellt?
Ich möchte den Verband modernisieren und effizienter machen. Im Unterschied zu Peter werde ich kein fixes Büro in Bern haben. Ich plane von Anfang an mobil zu arbeiten: Home‑office, Arbeit im Zug, Einsätze in den Regionalsekretariaten. Ein Tisch, ein Stuhl und ein Rucksack mit meinem Material genügen mir. Wichtiger ist die Nähe zu den Teams schweizweit. Deshalb bin ich im Moment auch daran, meine Französisch- und Italienischkenntnisse zu fördern. Ausserdem will ich die Digitalisierung vorantreiben: Versammlungen per Video übertragen, Abläufe automatisieren und die Mitglieder stärker einbinden.
Digitalisierung ist auch ein riesiges Thema im Berufssektor, den du vertrittst, oder?
Die Digitalisierung ist tatsächlich das zentrale Thema. Ich bin Jahrgang 1983, analog aufgewachsen und dann in die digitale Welt hineingewachsen. Die Herausforderung ist, alle Generationen abzuholen: Manche verweigern sich komplett. Digitalisierung lässt sich jedoch nicht aufhalten. Wichtig ist, dass wir sie mitgestalten, statt ihr hinterherzulaufen. Sie bringt zwar Effizienz und das papierlose Büro, aber sie kann auch Arbeitsplätze kosten. Deshalb müssen wir nachhaltige Lösungen finden und Betroffene bestmöglich unterstützen. Und wir pochen auf das Recht, nicht immer erreichbar zu sein.
Der AS ist zwar der grösste Unterverband des berufstätigen SBB-Personals im SEV, doch das Wachstumspotenzial ist gross. Wie willst du neue Mitglieder gewinnen?
Viele, vor allem Jüngere, wissen gar nicht, was eine Gewerkschaft leistet. Sie sehen uns als Kostenstelle, nicht als Nutzstelle. Deswegen müssen wir zeigen, dass wir die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sichern und verbessern – unabhängig von der politischen Gesinnung. Je stärker unsere Gewerkschaft und je mehr aktive Mitglieder, desto mehr Verhandlungsmacht haben wir. Das sollten alle verstehen: Solidarität ist aktuell wichtiger denn je.
Du bist gelernter Koch und warst Restaurantbesitzer. Welche Parallelen ziehst du für deine Arbeit im SEV?
Dienstleistung ist das Stichwort. Unsere Mitglieder erwarten Service von ihrer Gewerkschaft – genauso wie Gäste in einem Restaurant. In meiner Zeit als Selbstständiger habe ich gelernt: Zufriedene Mitarbeitende leisten mehr, wenn sie respektvoll behandelt werden. Solidarität entsteht im täglichen Miteinander, nicht von oben herab. Dieses Verständnis will ich verstärkt einbringen.
Was sind deine nächsten Schritte?
Zuerst möchte ich weiter intensiv in die Regionen fahren, die Kolleginnen und Kollegen kennenlernen und ihre Anliegen aufnehmen. Dann kommt die schrittweise Digitalisierung unserer Prozesse. Schliesslich will ich den Zentralvorstand moderner strukturieren. Es bleibt viel zu tun, aber ich bin überzeugt, dass wir den AS gemeinsam erfolgreich gestalten werden.
Michael Spahr
Andreas Lüdin
Andreas Lüdin wuchs im Tösstal auf. Nach seiner Berufslehre als Koch war er in der Gastronomie tätig und führte ein eigenes Restaurant. 2014 orientierte er sich beruflich neu und wurde Zugverkehrsleiter bei der SBB, wo er zuletzt als Spezialist und Disponent Kundeninformation der Betriebszentrale Ost Zürich Flughafen tätig war.
Am 4. Juni 2024 wurde Andreas Lüdin von den Delegierten des AS zum Nachfolger von Peter Käppler gewählt, der am 31. Juli 2025 pensioniert wurde. Im November 2024 hat er die Ausbildung zum Gewerkschaftssekretär bei Movendo begonnen.
Er lebt mit seiner Partnerin und ihrem Sohn zusammen. In seiner Freizeit spielt er leidenschaftlich gerne Brettspiele und Jass, geht gerne Wandern oder Motorrad fahren. Ausserdem ist er Kameramann und Regisseur bei einem Eishockeyverein.
Seine Nachfolgerin als Kommunikationsverantwortliche des AS ist Anna Schnurr, Fahrdienstleiterin im BZ Ost.