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20 Jahre Klima-Allianz

Klimaschutz geht nur gerecht

Die Klima-Allianz Schweiz, der auch der SEV als Mitgliedsorganisation angehört, hat der Öffentlichkeit Anfang Juni anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens einen neuen, umfassenden Klima-Masterplan präsentiert. Ziel: Die Schweiz soll in den nächsten zehn Jahren Netto-Null erreichen – also keine zusätzlichen Treibhausgase mehr ausstossen. Damit dieses Klimaziel Realität wird, braucht es nicht nur technische Lösungen, sondern auch soziale Gerechtigkeit sowie Investitionen in Arbeitsplätze und Infrastrukturen.

Der Klima-Masterplan ist nicht einfach ein weiteres Strategiepapier – er ist ein Weckruf. «Die Zeit des Abwartens sei vorbei», betonte Yvonne Winteler, Co-Präsidentin der Klima-Allianz, anlässlich der Medienkonferenz vom 3. Juni 2025 in Bern: «Wir befinden uns mitten in einem tiefgreifenden Wandel – aber leider 20 Jahre zu spät. Je länger wir warten, desto kleiner wird unser verbleibendes CO₂-Budget.» Obwohl sich die Schweiz als technologisch fortschrittliches und wohlhabendes Land viele Möglichkeiten offenhält, scheint das Ambitionsniveau in der nationalen Klimapolitik zu sinken. Würden alle Länder so handeln wie die Schweiz, läge die globale Erwärmung bei bis zu 3 °C – weit entfernt von der im Pariser Klimaabkommen festgelegten 1,5 °C-Grenze.

Gewerkschaften: Brücke zwischenKlimaschutz und sozialer Gerechtigkeit

Was den neuen Klima-Masterplan besonders auszeichnet: Er berücksichtigt von Anfang an den sozialen Aspekt des Klimaschutzes. Der Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft darf nicht auf Kosten des Personals gehen – im Gegenteil. Hier spielen die Gewerkschaften eine zentrale Rolle als Brückenbauerinnen zwischen ökologischen Zielen und sozialen Rechten. Angela Lindt von Caritas Schweiz hält in diesem Zusammenhang fest: «Sozialverträglicher Klimaschutz ist wichtig und machbar – gerade in einem wohlhabenden Land wie der Schweiz.»

Der Masterplan stellt deshalb drei Forderungen ins Zentrum:

die Förderung von Weiterbildung für das Personal in den vom Wandel betroffenen Branchen;

den Ausbau des öffentlichen Verkehrs als klimafreundliche und beschäftigungsintensive Infrastruktur;

die aktive Gestaltung des Strukturwandels, z. B. durch Rahmenbedingungen für Investitionen in klimafreundliche Jobs.

20 Jahrezivilgesellschaftliches Engagement

Die Klima-Allianz Schweiz wurde 2005 von 48 Organisationen gegründet, darunter viele Nicht-Regierungsorganisationen aus den Bereichen Umwelt und Entwicklung, aber auch Gewerkschaften wie der SEV. Heute umfasst sie über 150 Mitglieds- und Partnerorganisationen und vertritt gemeinsam mehr als 2 Millionen Menschen in der Schweiz.

In den vergangenen 20 Jahren hat die Allianz beachtliche Erfolge erzielt, u. a.:

2008: Einführung der CO₂-Abgabe

2019: Organisation der grossen Klima-Demo mit 100 000 Teilnehmer:innen in Bern

2023: Ja zum Klimaschutzgesetz

2024: Nein zum Autobahnausbau

2024 – 2025: Druck auf Nationalbank mit Finanzplatz-Initiativen, um klimaschädliche Investitionen zu stoppen.

Allianz-Mitgründer Patrick Hofstetter ist als Klimaschutz- und Energieexperte überzeugt: «Der Umbau zur Klimaneutralität gelingt nur, wenn der Staat jetzt die richtigen Rahmenbedingungen setzt. Klimaschutz muss normal, einfach und attraktiv werden.»

Jetzt handeln – für Klima, Gerechtigkeit und Arbeit

Die Klima-Allianz ruft den Bundesrat auf, die politisch und technisch verfügbaren Mittel sofort zu nutzen, statt Massnahmen erst ab 2031 umzusetzen. Der mit dem Masterplan vorgestellte Instrumentenmix aus Förderprogrammen, Regulierungen, Bildung und marktwirtschaftlichen Anreizen bietet eine konkrete Roadmap.

Für den SEV heisst das: Mitgestalten statt zusehen. Denn nur wenn Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gemeinsam gedacht und umgesetzt werden, lässt sich die Zukunft fair, sicher und lebenswert für alle gestalten. SEV-Präsident Matthias Hartwich bringt es auf den Punkt: «Wer für Klimaschutz ist, muss für faire Arbeitsbedingungen und starke öffentliche Verkehrssysteme sein. Der SEV setzt sich dafür ein, dass die Verkehrswende nicht auf Kosten des Personals geschieht, sondern Chancen für faire und nachhaltige Arbeit schafft.»

Eva Schmid