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Auf den Spuren von ...

Nina Aebi, Sicherheitsanlagen-Technikerin

Im grössten Rangierbahnhof der Schweiz trägt Nina Aebi massgeblich zur Sicherheit bei. Die gelernte Elektroinstallateurin aus dem Aargau rückt aus, wenn eine Stellwerkstörung gemeldet wird, und behebt diese so schnell wie möglich. Mit diesem Beruf ist sie eine der wenigen Frauen, die diese verantwortungsvolle Tätigkeit ausübt.

Seit dem frühen Morgen fällt bereits leichter Nieselregen. Doch der 23-jährigen Nina Aebi in ihrer orangen Arbeitskleidung macht dieses garstige Wetter kaum was aus, denn Sicherheitsanlagetechniker:innen müssen bei jedem Wetter raus. Im Hintergrund sind weitere Arbeiter im orangen Tenue zu sehen. Auf dem riesigen Gelände des Rangierbahnhofs Limmattal verlieren sich die Arbeiter in der Weite der Anlage. Gilt doch dieser Rangierbahnhof westlich von Zürich mit 64 Geleisen als einer der grössten und leistungsfähigsten Europas.

Nina Aebi arbeitet hier im Bereich der Sicherheitsanlagen in der Rangiertechnik. «Wir kontrollieren regelmässig die Technik, tauschen Bauteile aus und dokumentieren alle Arbeitsschritte, um Bahnausfälle möglichst zu verhindern», erklärt die Aargauerin sichtlich stolz. Wenn sie von ihrer Arbeit erzählt, spürt man ihr grosses Interesse für Technik. «Die Sicherungsanlagen sind das Herzstück der Sicherheit im Bahnverkehr – und genau dort habe ich meine Aufgabe gefunden.» Die Begeisterung für Technik ist auch ein Teil ihrer Freizeit. Nina Aebi fährt gerne mit ihrem Motorrad grosse Touren und schraubt auch mal daran, wenn etwas nicht rund läuft. Für sie ist das Motorradfahren nicht nur ein Hobby, sondern ein Lebensgefühl.

Mit sicherem Tritt schreitet Nina Aebi zu einem der drei Pumphäuser. Ihre schwarzen Haare hat sie zu einem Haarzopf zusammengebunden, der unter ihrer orangen Mütze hervorschaut. Neben den Geleisen im Pumphaus befinden sich die Hydraulikpumpen für die grossen Bremsen der Gleisanlagen. Auch hier gibt es für sie regelmässig was zu tun. Aber heute scheint alles reibungslos zu funktionieren.

Die Männerwelt Rangiertechnik

Vor zweieinhalb Jahren hat Nina Aebi die Stelle bei der SBB angefangen und wartet nun Sicherheitsanlagen. Auf die Frage, was der Unterschied zu ihrem ursprünglichen gelernten Beruf als Elektroinstallateurin ist, gibt sie schmunzelnd zur Antwort: «Hier verbaue ich keine Steckdose. Das hier ist was komplett anderes». Ihr gefalle vor allem, die grosse Verantwortung, die sie hier tragen könne. «Besonders gefällt mir, dass ich in einem Bereich arbeite, den nicht viele Menschen kennen und der wichtig für den Bahnbetrieb ist», fügt sie hinzu.

Die 23-Jährige hat sich im Team gut integriert. Doch sie musste ihren Platz an dieser Arbeitsstelle auch erarbeiten. Sie erlebte Situationen, in denen sie sich nicht ernst genommen fühlte. «Gerade als junge Frau muss man sich hier doppelt beweisen. Fachwissen allein reicht nicht», erzählt Nina Aebi. Man müsse viel aushalten und sich immer wieder durchsetzen. «Das ist anstrengend, manchmal auch frustrierend, aber es hat mich härter und klarer gemacht. Ich weiss heute genau, wer ich bin und was ich kann.»

Dass sie bei ihren Kollegen akzeptiert wird, ist spürbar. Auf dem Rundgang wird sie mit Namen begrüsst und zwischendurch fallen einige Sprüche, die sie schlagfertig kontert. Nina Aebi zeigt sich selbstsicher und auf die Frage, ob sie berufliche Ziele hat, antwortet sie ebenso selbstbewusst: «Für mich ist klar: Stillstand ist keine Option. Ich will mein Fachwissen vertiefen, mir zusätzliche Qualifikationen aneignen und mich Schritt für Schritt breiter aufstellen.» Langfristig könne sie sich gut vorstellen mehr Verantwortung zu übernehmen.

Gewerkschaftsarbeit

Die Aargauerin ist, seit sie bei der SBB arbeitet, auch Mitglied beim SEV. Für sie war der Schritt naheliegend. «Eine Gewerkschaft im Rücken zu haben ist besser als gar keine», erklärt sie. Wenn man jemanden für eine Begleitung bei einem schwierigen Gespräch benötigt, sei dies niederschwelliger, als gleich mit einem Anwalt aufzukreuzen. Bei einem Anliegen war Nina Aebi auch schon froh um den SEV. Ihr half bereits das Gespräch mit der zuständigen Gewerkschaftssekretärin, und sie erzählt gerne, wie gut es ihr getan hat, dass man ihr einfach zuhörte. «Ich finde es grossartig, dass man ernst genommen wird – egal, mit welchem Problem man sich meldet. Wenn man beim SEV anruft, wird man nicht als Nummer behandelt, sondern als Mensch gesehen.» Diese Menschlichkeit schätze sie sehr, fügt Nina hinzu. Dies bringe bei schwierigen Themen Sicherheit und Mut.

Doch zur Frage, ob es beim SEV Verbesserungspotenzial gäbe, findet sie klare Worte: «Ich finde, bei gewissen Themen sollte der SEV härter durchgreifen – zum Schutz der Mitarbeitenden», sagt Nina Aebi. «Denn meiner Meinung nach ist der SEV für die Mitarbeitenden und unsere Interessen da – und nicht, um bestehende Machtstrukturen zu schonen.»

Zukünftig könnte sich die SBB-Mitarbeiterin auch gut vorstellen, beim SEV aktiv tätig zu werden. «Ich habe selbst erlebt, wie entscheidend es ist, ernst genommen zu werden», erklärt Nina Aebi. Sie könne sich gut vorstellen ihre Stimme beim SEV einzusetzen, um anderen Sicherheit zu geben. Ebenfalls könne sie sich vorstellen, als Bindeglied zwischen den Generationen zu vermitteln. Wenn man beide Seiten anhöre und das Anliegen von einer anderen Perspektive betrachte, komme man auf viele Lösungen, erzählt sie.

Der Rundgang mit Nina Aebi geht dem Ende zu. Auf den Geleisen steht einsam eine Cargo-Lok und es nieselt noch immer. Für die junge Sicherheitsanlagentechnikerin geht die Arbeit am Nachmittag noch weiter. Langweilig wird es ihr hier wohl kaum so schnell. Denn wie sie selbst sagt, gibt es hier keine Routine. Jeder Tag bringt etwas Neues.

Renato Barnetta