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Auf den Spuren von ...

Paula Pythoud, Busfahrerin TPF

Seit Mai präsidiert Paula Pythoud die SEV-Sektion der Freiburger Verkehrsbetriebe (TPF). Ihre aus früherer Berufstätigkeit erworbenen Kompetenzen, ihre Hartnäckigkeit und die Freude, lösungsorientiert für gute Arbeitsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen zu kämpfen, haben sie für dieses Amt motiviert.

Wir sind am späten Morgen am Busbahnhof Freiburg für ihre letzte Fahrt des Tages Richtung Bulle verabredet. Die Klimaanlage im Bus funktioniert gut, was nicht unwichtig ist bei der für die kommenden Tage angekündigten Hitzewelle. Die Fahrt ist angenehm und abwechslungsreich. Paula grüsst Kollegen, die sie kreuzt. Bei einer Steigung wird der Bus von einer Velofahrerin gebremst, der Bus fährt ruhig hinterher. Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit weicht das Velo aus, um den Bus verbeizulassen. Paula bedankt sich mit einer Handbewegung. Die Fahrt verläuft flüssig, der Bus fährt an schönen Bauernhöfen vorbei und entlang des Greyerzersees. In Bulle angekommen tankt Paula auf, zählt die Tageseinnahmen und dann erzählt sie mir bei einer feinen Crèpe ihren Werdegang.

Von Portugal nach Thyon 2000

Paula verbrachte ihre Kindheit und Jugend unweit von Lissabon in Portugal. Ihre Eltern arbeiteten in der Zigarettenfabrik Tabaqueira. Die Stimmung zu Hause war nicht rosig. «Ich habe gemischte Erinnerungen an diese Zeit. Deshalb bin ich gegangen.» Nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit verliess sie, fünfzehnjährig, das elterliche Haus und kam mit siebzehn Jahren in die Schweiz. Onkel und Tante, die in Thyon 2000 im Wallis lebten, nahmen sie bei sich auf.

Sie wurde Sommelière und arbeitet anschliessend in Montreux. Eigentlich wollte sie die Hotelfachschule besuchen, aber dann lernte sie ihren damaligen Mann kennen, der Bauer in Sciernes (Freiburg) war und damit bekam ihr Leben eine andere Richtung. Sie half im Dorfgasthaus «La Pinte des Lys» aus, arbeitete als Bäuerin auf dem Hof (Melken, Heuen, Traktorfahren, administrative Arbeiten etc.) und war stolze Mutter von vier Kindern. Ausserdem war sie Abwartin der Schule. Später fuhr sie etwa zehn Jahre lang Schulbusse: «Ich habe die erforderlichen Prüfungen gemacht und war sogar für die Dienstpläne und Planungen verantwortlich, in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Lehrpersonen. Ich bin immer gerne gefahren, aber erst zu dieser Zeit wurde mir klar, wie wichtig mir das ist. Ich träumte davon, Lastwagen zu fahren und international unterwegs zu sein. Ich habe auch diese Ausweise erworben, aber daraus wurde nichts.»

Nach ihrer Scheidung bewarb sie sich bei der TPF und wurde im November 2017 angestellt. Es gefiel ihr und sie übernahm Verantwortung für weitere Aufgaben. Sie wurde Coach und Ausbildnerin. Sie findet daneben auch noch Zeit für ihre fünf Enkelkinder. «Wenn ich kann, hüte ich sie in meiner Freizeit. Ich bin eine junge Grossmutter, die arbeitet. Als Bauernfrau ohne Pensionskasse muss ich dafür sorgen, im Alter nicht dafür bestraft zu werden.» Ihre Arbeit ist abwechselnd in der Agglomeration von Bulle oder in ländlichem Gebiet. «Das liebe ich an diesem Beruf, er ist nicht eintönig». Das einzige Problem sind die langen Dienstschichten mit langen Pausen mitten im Morgen und Nachmittag. Da sie unweit des Depots wohnt, kann sie in langen Pausen nach Hause.

Zeichen der Anerkennung

«Ich mag den Kontakt mit Menschen und die Erfahrungen, die man dabei macht. Erst heute Morgen hat sich ein Herr für mein Lächeln und meine Freundlichkeit bedankt. Ein Junge hat mir eine Blume geschenkt. Das tut gut. Diese Zeichen der Anerkennung geben unserer Arbeit einen Wert, denn manchmal gibt es auch andere, weniger angenehme Dinge.»

Sie ist seit ihrem Eintritt bei der TPF Mitglied der Gewerkschaft. «Ein Kollege hat mir den Flyer gegeben und ich habe mich sofort engagiert. Der SEV bietet nicht nur einen wichtigen Rechtsschutz in unserem Beruf, sondern auch Solidarität. Wir verteidigen unsere Werte, unsere Arbeitsbedingungen und unsere Rechte gegenüber dem Unternehmen. Das motiviert mich.» Sie engagierte sich schnell im Sektionsvorstand als Vertreterin der Depots von Bulle und Jaun. «Ich habe festgestellt, dass der SEV bei Anliegen und Bedürfnissen der Mitglieder hilft, ihren Alltag zu verbessern. Ich war an vorderster Front und konnte Probleme weiterleiten und mit dem Unternehmen besprechen. Das hat mir sehr gefallen. Man sieht, dass sich etwas bewegt».

2023 engagierte sie sich in der Frauenkommission SEV-TPF, dann in der des SEV und anschliessend im Organisationskomitee der Westschweizer VPT-Tagung, die letztes Jahr in Freiburg stattfand. «Ich engagiere mich gerne. Mit all meinen Erfahrungen und meinen verschiedenen Berufen bin ich reich an Erfahrungen. Mit 56 Jahren möchte ich meinen Kindern und Enkelkindern ein Vorbild sein, damit sie stolz auf mich sind». Als der scheidende Sektionspräsident Fritz Haenni sie fragt, ob sie das Amt übernehmen möchte, muss sie nicht lange überlegen und sagt zu. «Die ersten drei Monate waren intensiv», räumt sie ein. «Es ist sehr bereichernd, aber auch mit viel Arbeit, Telefonaten und Nachrichten verbunden. Glücklicherweise kann ich mich auf die Gewerkschaftssekretärin Patricia, die sehr hilfsbereite Vizepräsidentin Laura, die Erfahrung von Fritz und einen grossartigen, sehr vielfältigen Vorstand verlassen.»

In ihrer Freizeit liebt Paula das Wandern und liest gerne Romane. Die Feder und die Blume des Lebens, die sie als Tattoo trägt, zeigen ihre wichtigsten Werte, für die sie mit Nachdruck einsteht: Freundschaft, Liebe, Harmonie und Schutz. «Alleine kommt man schneller voran, aber gemeinsam kommt man weiter.»

Yves Sancey