Kongress 2025
Podium zur Verkehrspolitik

Vier Nationalratsmitglieder, die Direktorin des Bundesamts für Verkehr (BAV) und der SEV-Präsident diskutierten unter dem Titel «Welchen öffentlichen Verkehr braucht die Schweiz?». Zur Sprache kam auch der Schienengüterverkehr. Sie waren sich einig, dass die Verlagerung nicht an fehlenden finanziellen Mitteln scheitern darf.
Das Podium folgte auf die symbolische Trauerfeier für SBB Cargo und die Stellungnahme von Gastredner Albert Rösti zu dieser Aktion: Der Bundesrat zeigte Mitgefühl für die Mitarbeitenden, die ihre Stelle verlieren, und Verständnis für die Symbolik. «Doch wir brauchen diesen Sarg nicht, wenn wir richtig handeln», fand Bundesrat Rösti. Er habe sich «mit Herzblut» für die Revision des Gütertransportgesetzes eingesetzt, die vom Parlament im März verabschiedet wurde und dem Bahngüterverkehr Fördermittel während acht Jahren bringt, «mit einer Option der Verlängerung». Es sei schwierig gewesen, dafür im Parlament eine Mehrheit zu finden, und ohne sie «hätten wir heute eine weit dramatischere Situation». Das Parlament erwarte aber, dass der Bahntransport durch Rationalisierungen gegenüber dem Strassentransport wettbewerbsfähig gemacht werde, erklärte Rösti. Die operative Verantwortung für die Umsetzung liege bei SBB Cargo, und der Bund als Eigner schaue darauf, dass auch soziale Standards eingehalten werden (siehe auch hier).
Danach fanden sich die Podiumsteilnehmenden auf der Bühne ein und wurden von Moderator Peter Moor als Erstes gefragt, ob sie zu Röstis Ausführungen etwas ergänzen wollten. «Ich hatte den Eindruck, das Parlament steht zu den Gütern auf der Bahn und will mit der Gesetzesrevision seinen Beitrag leisten, um diese Art von Transport zu stabilisieren», sagt Philipp Kutter (Mitte/ZH), Präsident der nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-N). «Von daher haben mich die Massnahmen von SBB Cargo, die kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes öffentlich wurden, etwas überrascht. Aber Herr Bundesrat Rösti hat es gut erklärt: Es braucht neben der Unterstützung des Bundes auch Effizienzmassnahmen.»
Bruno Storni (SP/TI), Mitglied der KVF-N, zeigt sich vor allem überrascht über den am 20. Mai kommunizierten Entscheid von SBB Cargo, mehrere Terminals des KV-Verkehrs nicht mehr zu bedienen. Aber auch über den Entscheid der Betreiber der Rollenden Landstrasse (Rola), diese Ende 2025 einzustellen, nachdem das Parlament letztes Jahr Unterstützungszahlungen bis Ende 2028 gesprochen hatte. «Wenn man etwas beschliesst, und ein Jahr danach wird es fallengelassen, dann ist das schon merkwürdig», so Storni. «Die Schweiz hat in den letzten Jahren eine gute Verlagerungspolitik gemacht: Sie hat rund 23 Milliarden für die Neat-Tunnel ausgegeben und über eine Milliarde an Subventionen für den Schienengüterverkehr beschlossen. Und es geht weiter mit dem Ausbauschritt 2035 für den internationalen Verkehr.» Bis vor zwei Jahren sei man dem Verlagerungsziel von maximal 650 000 Lkw-Transitfahrten pro Jahr nähergekommen bis auf 860 000 im Jahr 2023. «Doch seither ist die Zahl wieder gewachsen. Die Verlagerung ist ins Stocken gekommen.» Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) müsse erhöht werden, denn eine LKW-Transitfahrt sei heute zu günstig.
Ursula Zybach (SP, Spiez), Mitglied der nationalrätlichen Finanzkommission, findet es auch bedenklich, «dass man Dinge, die man entwickelt hat, plötzlich mit dem Argument fehlender Finanzen implodieren lassen kann.» Sie hält dies für falsch, «denn eigentlich müssten wir uns überlegen: Wie wollen wir uns entwickeln? Was ist uns wichtig? Geld ist vorhanden, und wir könnten auch noch Mehreinnahmen sprechen.» Das sei sinnvoll, wenn man spürt, dass es mehr Mittel braucht, denn Sparen kann auch Zusatzkosten verursachen. «Man sollte nicht nur schauen, wie man die Ausgaben senken kann. Die Schweiz hat Möglichkeiten, Mehreinnahmen zu generieren.» Ganz schwierig werde das «Entlastungspaket 27», das auch den regionalen Personenverkehr trifft. Auch Philipp Kutter ist bereit, wenn nötig mehr Geld ins System zu geben, um die Ansprüche auf genügendem Niveau zu befriedigen. Doch es gelte auch die Ansprüche zu «managen».
SEV-Präsident Matthias Hartwich warnt, dass Busunternehmen unter Finanzdruck darauf verzichten könnten, Busse auf Elektroantrieb umzurüsten. «Ist das wirklich das, was wir wollen?»
Für Brenda Tuosto (SP/VD), auch Mitglied der KVF-N und Stadträtin von Yverdon, muss der Jurafuss baldmöglichst wieder besser mit Genf verbunden werden. In einer Motion von letztem September forderte sie, für den Zeitraum bis 2050 ein Konzept für eine effiziente und vertaktete Erschliessung der ganzen Schweiz mit nationalen Fernverkehrslinien auszuarbeiten.
BAV-Direktorin Christa Hostettler will, dass der öffentliche Verkehr besser und günstiger wird. Die Gelder seien möglichst effizient einzusetzen. «Ziel ist ein guter Level, aber kein Luxus.» Sie nahm gleichentags an einem runden Tisch mit Akteuren des Schienengüterverkehrs teil, um Lösungen zu suchen, damit das Ende der Rola möglichst durch kombinierten Verkehr aufgefangen werden kann. Ein Problem dafür seien die vielen Baustellen in Deutschland und der Schweiz über viele Jahre, auch für den Personenverkehr. Sie hofft, dass bis zum nächsten Kongress der Schienengüterverkehr den Turnaround schafft «und wir uns eher am Lagerfeuer treffen als an einer Beerdigung».
Markus Fischer