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Darf mein Arbeitgeber Überwachungssysteme einsetzen?

Heutzutage ist der Einsatz von Überwachungssystemenn sehr einfach geworden. Es gibt viele Möglichkeiten, und der Markt ist mit Geräten aller Art überschwemmt: von Kameras über Spionagesoftware bis hin zu IT-Tools, mit denen sich nahezu alle Aktivitäten von Arbeitnehmenden messen lassen.

In der Schweiz schützt das Arbeitsgesetz (ArG) die physische und psychische Gesundheit der Arbeitnehmenden. Dies verpflichtet die Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die Gesundheit ihrer Angestellten geschützt wird.

Auch die Frage der Überwachung gehört zu dieser Kategorie, ist es doch anerkannt, dass eine Überwachung der Arbeitnehmenden gesundheitsschädlich ist.

Es ist daher wichtig festzuhalten, dass die Überwachung von Arbeitnehmenden grundsätzlich nicht zulässig ist. Nur in Ausnahmefällen und unter Einhaltung eines bestimmten Verfahrens darf ein Arbeitgeber auf Überwachungsmassnahmen zurückgreifen.

Art. 26 der Verordnung 3 zum ArG (ArGV 3) sagt es ganz klar: Es ist verboten, Überwachungs- oder Kontrollsysteme einzusetzen, die dazu dienen, das Verhalten der Arbeitnehmenden an ihrem Arbeitsplatz zu überwachen.

Ist ein Überwachungs- oder Kontrollsystem aus anderen Gründen wie beispielsweise der Sicherheit notwendig und keine weniger einschneidenden Massnahmen möglich, so kann es eingesetzt werden, sofern es die Gesundheit und Bewegungsfreiheit der Mitarbeitenden nicht beeinträchtigt.

Das Bundesgericht hat im Entscheid 130 III 425 darauf hingewiesen: «Auch wenn die Auswirkungen der Fernüberwachung auf die Gesundheit nicht endgültig bekannt sind, wird allgemein anerkannt, dass Überwachungssysteme bei den beobachteten Personen meist negative Gefühle hervorrufen und das allgemeine Betriebsklima beeinträchtigen und somit das Wohlbefinden, die psychische Gesundheit und letztlich die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigen.» Es handelt sich also um einen schweren Eingriff in die psychische Gesundheit. Die Überwachung darf daher keinesfalls ein gängiges Kontrollmittel einer Unternehmung darstellen.

Sollte also ein Arbeitgeber Überwachungsmassnahmen einrichten wollen, dann muss er vorgängig die Mitarbeitenden informieren und deren Stellungnahme einholen (Art. 6 ArGV 3). Während dieser Zeit ist es möglich und auch empfehlenswert, den Arbeitgeber zum Ziel der Überwachungsmassnahmen und zur Art und Weise, wie sie eingesetzt werden, zu befragen und Anträge zu formulieren. Der Arbeitgeber seinerseits hat seine Entscheidung zu begründen – vor allem, wenn er die Überwachungsmassnahmen trotzdem durchführen will. Diese Phase ist essentiell, und falls das nicht bereits geschah, ist es auch ratsam, den SEV beizuziehen, damit er die Mitarbeitenden in diesem Prozess unterstützen kann.

Zusammenfassend ist es wichtig, festzuhalten, dass die Überwachung nicht die Regel sondern die Ausnahme darstellt. Sie muss gerechtfertigt und verhältnismässig sein. Sie darf die psychische Gesundheit und die Würde der Arbeitnehmenden nicht beeinträchtigen. Und in allen Fällen müssen diese vorgängig dazu angehört werden.

Überwachungsmassnahmen gefährden die Gesundheit der Angestellten und stellen vor allem auch das Vertrauensprinzip in Frage, welches jedes Arbeitsverhältnis leiten sollte. Ein gesundes Arbeitsklima entsteht immer durch Vertrauen, niemals durch Misstrauen.

Praktischer Tipp: Wenn du feststellst, dass an deinem Arbeitsplatz bereits Überwachung stattfindet, hast du Rechte! Du kannst als erstes Informationen dazu verlangen: Wie sie stattfindet, welche Daten erfasst werden und wie diese benutzt werden. Sollten die Antworten unbefriedigend ausfallen, zögere nicht, den SEV einzuschalten, um Tipps und rechtliche Unterstützung zu erhalten, um deine Rechte und die deiner Kolleg:innen zu wahren.

Rechtsschutzteam SEV