Sozialpolitik

Positionspapier Sozialpolitik (2025)

Der SEV verfolgt aufmerksam die aktuellen Themen der Sozialpolitik. Der Sozialstaat ist integraler Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft. Soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit stellen Grundelemente des heutigen schweizerischen Gesellschaftsvertrags dar und bilden die Grundlage der modernen Schweiz. In einer sozialmarktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft wie der Schweiz dient der Sozialstaat der sozialen Absicherung. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen sollen so sein, dass die Einzelnen gerecht am gesellschaftlichen Wohlstand beteiligt sind. Umverteilung von oben nach unten, faire Löhne und anständige Renten schaffen die Voraussetzungen für ein Leben in Würde und Sicherheit.

Aus Sicht des SEV bedeuten Liberalisierung und Deregulierung von sozialstaatlichen und wirtschaftspolitischen Regulierungen Sozialabbau. Dadurch wird die soziale Absicherung geschwächt, und die soziale Ungleichheit nimmt zu. Soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit müssen auch in den Unternehmen selbst gelebt und gestärkt werden. Nur mit bedingungsloser Solidarität zwischen Arm und Reich, Alt und Jung sowie Schweizer:innen und Migrant:innen lässt sich das Ziel einer gerechten Gesellschaft erreichen.

Stärkung statt Schwächung der Rentensysteme

1. Säule

Die Schweizer Stimmbevölkerung hat sich am 3. März 2024 klar für eine 13. AHV-Rente ausgesprochen. Die Umsetzung dieses Volksentscheids, inklusive Entwicklung einer geeigneten und sozialen Finanzierung, muss nun rasch und dezidiert an die Hand genommen werden, so dass die Auszahlung plangemäss ab 2026 erfolgen kann.

Menschen mit kleinem Einkommen sind besonders auf gute AHV-Renten angewiesen, da sie meistens keine oder nur eine kleine Pensionskassenrente haben. Eine Stärkung ist besonders für Frauen wichtig, weil hier im Gegensatz zur 2. Säule die unbezahlte Betreuungs- und Sorgearbeit bei der Rentenberechnung berücksichtigt wird. Die AHV ist ein wichtiges Instrument gegen Rentenlücken und Altersarmut.

Gemeinsam mit dem SGB setzt sich der SEV dafür ein, dass der AHV-Ausgleichsfonds nicht durch Falschnachrichten, negative Berichterstattung und unsachliche, tendenziöse Aussagen unter Druck kommt. Wenn es uns nicht gelingt, hier die öffentliche Meinung positiv zu beeinflussen, werden rasch neue Abbauvorlagen folgen, mit dem vorgeschobenen Argument, die finanzielle Stabilität der 1. Säule sei gefährdet.

Jeglicher Leistungsabbau, wie zum Beispiel die Erhöhung des Rentenalters auf 67, ist ein Tabu. Dagegen wehren wir uns mit aller Kraft.

Der SEV fordert:

  • Verteidigung des Rentenalters 65
  • Attraktivität des Leistungsniveaus wahren
  • Stabilität und Finanzierung des AHV-Ausgleichsfonds sichern
  • Erhöhung der Minimal- und Maximalrenten
  • Erhöhung der Ergänzungsleistungen

2. Säule

Ausgehend von der Finanzkrise im Jahr 2008 haben wir ein fortwährendes Minus- und Nullzinsumfeld geerbt, welches grosse Rentenkürzungen provoziert hat. Im besten Fall konnten wir Abfederungsmassnahmen erzielen. Die Versicherten bezahlten für diese Entwicklung somit einen hohen Preis in Form von tiefen Verzinsungen bei den Aktiven sowie tieferen Renten bei Neurentner:innen. Sie bezahlten in etlichen Fällen auch mit Sanierungsbeiträgen.

Die anhaltende negative Entwicklung der Umwandlungssätze wurde durch dramatische sozial- und geopolitische Ereignisse, wie die Pandemie und der Ukraine-Russland Konflikt, gestoppt. Ab 2020 stieg die Inflation weltweit stark an, und die Zinsen stiegen rasant. Die Ausgangslage an den Finanzmärkten verbesserte sich für die Pensionskassen rasch und massiv.

Jetzt gilt es, die verbesserte Ausgangslage zu nutzen und wieder Leistungsverbesserungen in den Fokus zu stellen, denn die allermeisten Pensionskassen wiesen per Ende 2024 einen Deckungsgrad von über 110% aus. Die gute Ausgangslage soll genutzt werden, die Versicherten an der positiven Entwicklung zu beteiligen: Bei den Aktiven in Form von Erhöhungen der Umwandlungssätze sowie von Beteiligungsmodellen, bei den Rentner:innen hingegen über Teuerungsausgleiche und Rentenanpassungen.

Wo der SEV Einsitz im Stiftungsrat hat, setzt er sich für Verbesserungen der Versicherungsleistungen ein. Unsere Vertreter:innen wissen, was zu fordern ist und handeln mit der nötigen Entschlossenheit.

Der SEV fordert:

  • Erhöhung der Umwandlungssätze
  • Einführung von Beteiligungsmodellen (Reglementarische Basis, um systematische Mehrverzinsungen und Rentenausschüttungen zu gewähren)
  • Rentenausschüttungen
  • Unterstützung eines allfälligen Referendums gegen eine unbefriedigende BVG-Reform
  • Bei mittelfristigen anderen Reformvorschlägen setzt sich der SEV ein für:
  •  eine bessere soziale Absicherung der Frauen und
  •  bessere Stellung von Teilzeitangestellten
  • Implementierung einer sogenannten ESG-Politik (Berücksichtigung von Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen) bei den Finanzanlagen
  • Frühpensionierungslösung im öV

Branchenlösungen für vorzeitige Pensionierungen

Die Arbeit im öV ist körperlich und psychisch anstrengend, was sich negativ auf die individuelle Gesundheit auswirkt. Deshalb braucht es Möglichkeiten von vorzeitiger Pensionierung, im Sinne einer branchenweiten Vorruhestandsregelung mit Überbrückungsrenten. Diese Branchenlösungen müssen der gesundheitlichen Abnutzung der älteren Mitarbeitenden Rechnung tragen. Der SEV arbeitet darauf hin, die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs zu überzeugen, die Finanzierung einer vorzeitigen Pensionierung in Betracht zu ziehen.

Familienergänzende Kinderbetreuung ist eine öffentliche Aufgabe

Die Vereinbarkeit zwischen Berufs- und Familienleben gestaltet sich für viele Mitarbeitende im öV-Sektor schwierig, insbesondere wenn sie im Schichtbetrieb arbeiten. Der SEV bekämpft Bestrebungen zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten auf Kosten der Mitarbeitenden. Zudem setzt er sich zusammen mit dem SGB für die Verankerung der familienergänzenden Kinderbetreuung als öffentlicher pädagogischer Auftrag ein. Jedes Kind hat Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer qualitativ hochstehenden Betreuungsstruktur, die dem Wohl der Kinder dient und den Bedürfnissen der Eltern entsprechend ausgestaltet ist.

Der SEV fordert:

  • Einsatz gegen Flexibilisierung der Arbeitszeit auf Kosten der Mitarbeitenden
  • Verankerung der familienergänzenden Kinderbetreuung als öffentlicher pädagogischer Auftrag
  • Ausbau der Betreuungsstrukturen zum Wohl der Kinder und entsprechend der Bedürfnisse der Eltern

Keinen Kaufkraftverlust hinnehmen

Mieten

Die Mieten hängen einerseits von der Inflation und als Folge davon vom Zinsniveau ab, andererseits aber auch von der grassierenden Renditemaximierung von privaten und institutionellen Investoren. Der SEV setzt sich unter der Ägide des SGB dafür ein, dass soziale Wohnbauförderung und bezahlbare Mieten landesweit gefördert werden, dass die Gesetzgebung einen echten Mieterschutz mit Kostenmiete vorsieht und im Umkehrschluss überhöhte Mietobjektrenditen gesetzlich unzulässig werden.

Der SEV fordert:

  • Einsatz gemeinsam mit dem SGB für soziale Wohnraumförderung; Kostenmiete sowie für einen gesetzlich verankerten und optimierten Mieterschutz.

Krankenkassenprämien

Auch die regelmässig wiederkehrenden Erhöhungen der Krankenkassenprämien bedrohen die Kaufkraft der Beschäftigten. Der SEV muss sich gemeinsam mit dem SGB für eine Lösung starkmachen, die das individuelle Prämienwachstum bremst und die Haushalte einkommensabhängig entlastet.

Der SEV fordert:

  • Einsatz gemeinsam mit dem SGB für ein System und für Lösungen, welche die Situation aller Haushalte entlasten und verbessern – einschliesslich der individuellen Prämienverbilligung, soweit noch erforderlich
  • Keine höheren Prämien für die ältere Generation

IV muss zum Leben reichen

Der SEV setzt sich dafür ein, dass bei der IV-Grad-Berechnung auf realistische hypothetische Vergleichseinkommen abgestellt wird. Für eine angemessene Invaliditätsbemessung sind Vergleichswerte nötig, die auf realistischen Einkommensmöglichkeiten von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen basieren. Ausserdem muss sichergestellt sein, dass die Qualität der medizinischen Begutachtung einwandfrei ist.