SEV kritisiert bundesrätliche Verkehrspolitik
Finanzdepartement lässt Bahn ausbluten
Das Paket zur «Zukünftigen Entwicklung der Bahninfrastruktur» (ZEB) ist eine Sparvorlage und nicht geeignet, dem öffentlichen Verkehr in der Schweiz ein angemessenes Wachstum zu ermöglichen. Die Transportgewerkschaft SEV erwartet in der politischen Diskussion deutliche Verbesserungen.
Die ZEB-Vorlage ist verkehrspolitisch völlig ungenügend. Der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband SEV stellt fest, dass der Bundesrat einmal mehr Finanzpolitik macht anstelle von Verkehrspolitik. Das ist nicht nur für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz schädlich, sondern fürs ganze Land. In einer Zeit, in der der Klimawandel in aller Leute Mund ist, setzen die Bremser des öffentlichen Verkehrs im Bundesrat eine Vorlage durch, die dem anhaltenden Ausbau des Strassennetzes kein brauchbares Gegengewicht für die Schiene entgegensetzt. Die vorgesehenen Massnahmen reichen im besten Fall aus, um den Anteil der Schiene am Personen- und Güterverkehr zu halten; nötig wäre aber eine Verlagerung, doch dazu braucht es viel mehr Geld.
Als Beispiel der verfehlten Politik dient gut die Durchmesserlinie Zürich: Dieses Projekt, dessen Bau im kommenden Herbst beginnen wird, soll nicht eigenständig finanziert werden können. Der Bundesanteil wird aufgeteilt, ein paar hundert Millionen aus der laufenden Leistungsvereinbarung der SBB, dann ein paar hundert Millionen aus dem Infrastrukturfonds, und später – so es dann beschlossen wird – nochmals etwas Geld aus der Leistungsvereinbarung der SBB. Mit dem Bau beginnen ohne sicher zu sein, dass am Schluss das Geld vorhanden ist: So dürfte kein Eisenbahner für seine Familie ein Haus bauen!
Doch die fehlende Planungssicherheit ist nur die eine Hälfte: Mit diesen Einzeltranchen für ein Grossprojekt werden in den Finanzpaketen beträchtliche Summen entnommen, die eben gerade nicht für ein solches Vorhaben gedacht wären, sondern für kleine, in relativ kurzer Zeit ausführbare Netzausbauten mit grosser Wirkung. Doch genau diese Projekte werden nun mit ZEB nicht schnell realisiert, sondern ins dritte Jahrzehnt verschoben.
Damit verhindert der Bundesrat eine kontinuierliche Entwicklung der Bahninfrastruktur – im Gegenteil zum Strassennetz, das dank Spezialfinanzierung umgebremst und eigendynamisch vor sich hin wächst. Wenn die Entwicklung des Schienennetzes in dieser Art verzögert wird, schadet dies nicht nur dem Umsteigen im Personenverkehr, sondern es torpediert im grössten Ausmass die bundeseigene Verlagerungspolitik im Güterverkehr. Schon heute bestehen Engpässe im Transitverkehr; um ernsthaft von Verlagerung sprechen zu können, wären schnell zusätzliche Trassen erforderlich. Nimmt man den Inlandgüterverkehr hinzu, reicht der Platz auf den Schienen bei weitem nicht. Es ist bedauerlich, dass die SBB keine Strategie hat, um die Anteile von Personen- und Güterverkehr auf der Schiene auszubauen, und es ist unverständlich, dass sie – einmal mehr – akzeptiert, wie der Bundesrat seine Verkehrspolitik über die Finanzen definiert.
Die Ausblutung des öffentlichen Verkehrs durch das Finanzdepartement hat offensichtlich System: Mit der Verweigerung, die Pensionskassen von SBB und Privatbahnen zu sanieren, werden den Unternehmen Betriebsmittel entzogen; mit ZEB wird nun auch ein kontinuierlicher Ausbau des Netzes verhindert. Der SEV wird sich in der kommenden Vernehmlassung dafür einsetzen, dass zumindest die gröbsten Mängel behoben werden können.