Einzelwagenladungsverkehr: Bund muss sich langfristig engagieren
Zwar fliessen neu Millionen für Beiträge und Investitionen in den Einzelwagenladungsverkehr (EWLV). Doch zugleich wird SBB Cargo einmal mehr tiefgreifend reorganisiert und abgebaut, obwohl alle bisherigen Reorganisationen nie die in Aussicht gestellten Ziele erreicht haben. Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV fordert ein klares Bekenntnis des Bundes und des Monopolanbieters SBB Cargo zu einem langfristigem EWLV. «Nur so werden sich Kunden auf dieses Wagnis weiterhin oder neu einlassen und die Mitarbeitenden wieder Vertrauen in ihren Arbeitgeber gewinnen», sagt Gewerkschaftssekretär Philipp Hadorn, der im SEV für den Güterverkehr zuständig ist, und fordert: «Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe muss so angepasst werden, dass sie eine möglichst grosse Verlagerungswirkung entfalten kann. Solange Strassentransporte preislich bevorteilt sind, bleibt die Eigenwirtschaftlichkeit des EWLV ein hehres Ziel.»

Diesen Sommer hat das Bundesamt für Verkehr den EWLV ausgeschrieben und nur eine einzige Offerte erhalten: jene von SBB Cargo, der bisherigen Betreiberin. Dass der Ruf nach Wettbewerb ins Leere ging, zeigt: EWLV ist kein Produkt, das sich für Wettbewerbsspiele eignet und satte Gewinne verheisst.
Einen Bärendienst haben Bund und Parlament dem EWLV mit dem Verdikt der Eigenwirtschaftlichkeit erwiesen. Denn die Erfahrung zeigt: Alle bisherigen Reorganisationen haben nie zur angestrebten Eigenwirtschaftlichkeit geführt, sondern auf jede Schrumpfkur ist bald die nächste gefolgt. So hat die Transportmenge des EWLV laufend abgenommen, und damit wegen der Fixkosten auch die Wirtschaftlichkeit des ganzen Systems.
«Trotz prekärer Situation verpasst jetzt die SBB ihrer Güterverkehrstochter SBB Cargo nochmals eine der grössten Schrumpfkuren ihrer Geschichte: Mit dem Reorganisationsprojekt G-enesis sollen Leistungen vereinfacht und abgebaut, Kosten auf die Kunden überwälzt und in einer kurzsichtigen KMU-Logik auch das Personal ausgedünnt werden», kritisiert Philipp Hadorn und verlangt: «Die aktuelle Cargo-Leitung muss sich bewusst werden, dass sie mit einer übereifrigen Ab- und Umbaulogik das noch funktionierende System langfristig gefährdet. Und sie ist gut beraten, mit den vorhandenen Mitteln leistungsstarke Produkte anzubieten.»
Dass es SBB Cargo nach eigener Aussage gelungen ist, trotz der geplanten Preisanpassungen 98% der Verkehre zu halten, ist sicher ein Erfolg. Mittel- bis langfristig muss es aber das Ziel sein, die Mengen zu erhöhen. Nur dann wird die Neuausrichtung des EWLV nachhaltig sein, sowohl wirtschaftlich als auch verkehrs- und klimapolitisch. Ohne ein funktionierendes flächendeckendes Netz fehlt die Kundennähe und die nötige Transportmenge.
Für die bisherige Fehlentwicklung sind SBB und SBB Cargo nicht allein verantwortlich. Solange Strassentransporte preislich bevorteilt sind, weil Kosten auf die Gesellschaft überwälzt werden, bleibt die Eigenwirtschaftlichkeit ein hehres Ziel. Umso wichtiger ist es, dass die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe eine möglichst grosse Verlagerungswirkung entfalten kann. Die anstehende LSVA-Revision bietet Gelegenheit dazu.
Mit einer ehrlichen Zusage an SBB Cargo, den EWLV ohne die unerreichbare Eigenwirtschaftlichkeit weiterzuentwickeln, könnte eine Verlagerung erfolgreich aufgegleist werden und für die Mitarbeitenden eine Zukunft in dieser systemrelevanten Branche sichern – einer Systemrelevanz betreffend Versorgung und Klima!
Für weiterführende Informationen:
Philipp Hadorn, Gewerkschaftssekretär und Leiter SEV-Team Cargo,
Siehe auch Artikel «Verlagerung wieder auf Kurs bringen» aus der neusten SEV-Zeitung Nr. 15/2025