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Lohnverhandlungen

Lohnherbst 2023: SEV zieht Bilanz

SEV-Vizepräsident Patrick Kummer und Gewerkschaftssekretär Michael Buletti im Gespräch.

In über 70 Transportunternehmungen hat der SEV Lohnverhandlungen geführt. Bei Redaktionsschluss dieser Zeitung sind ein Grossteil dieser Verhandlungen abgeschlossen. Ein Gespräch mit dem SEV-Lohnteam und eine Übersicht über die Verhandlungsresultate.

Patrick Kummer ist Vizepräsident des SEV und zuständig für das Dossier SBB. Michael Buletti ist Gewerkschaftssekretär und führte Verhandlungen mit verschiedenen konzessionierten Transportunternehmungen, unter anderem mit der BLS, dem grössten Schweizer KTU.

Wie liefen die Verhandlungen?

Patrick Kummer: Der Verlauf einer Verhandlung ist grundsätzlich abhängig von den teilnehmenden Personen und entsprechend mit jedem Unternehmen anders. Die Verhandlungsresultate sind hingegen sehr ähnlich. In den meisten Unternehmen konnten generelle Lohnerhöhungen im Sinne eines vollen oder teilweisen Teuerungsausgleichs, individuelle Lohnerhöhungen, oftmals zur Speisung eines Lohnsystems, sowie teils umstrittene Einmalzahlungen erreicht werden. Die Verhandlungen mit SBB und SBB Cargo waren zu Beginn sehr schwierig. Am Schluss konnten wir uns auf ein Resultat einigen, das vom zuständigen Mitgliedergremium angenommen wurde.

Michael Buletti: Die Ausgangslage bei den KTU war je nach Kanton und Eignerstruktur sehr unterschiedlich. So waren auch bei der BLS die Lohnverhandlungen herausfordernd. Der Kanton Bern als Mehrheitseigner und grösster Besteller hat den KTU im Kanton klare Vorgaben zum finanziellen Spielraum gemacht. Trotzdem ist es uns gelungen, ein zufriedenstellendes Gesamtpaket auszuhandeln.

Wie werden die SEV-Mitglieder in die Verhandlungen einbezogen?

Michael Buletti: Die Lohnforderungen des SEV werden von Mitgliederversammlungen oder in grösseren Unternehmen von Gremien, bestehend aus delegierten Mitgliedern, aufgestellt und den zuständigen Gewerkschaftssekretär:innen als Mandat übergeben. Über das jeweilige Verhandlungsresultat wird wiederum in denselben Versammlungen oder Gremien diskutiert und abgestimmt.

Patrick Kummer: Die von Michael beschriebene Nähe zu unserer Mitgliedschaft ist eine der zentralen Stärken des SEV. Dadurch erhalten unsere Mitglieder Mitsprache und Mitbestimmung.

Weshalb verhandeln wir jedes Jahr erneut über einen Teuerungsausgleich? In gewissen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) gibt es einen automatischen Teuerungsausgleich.

Patrick Kummer: Das Thema hat in letzter Zeit an Brisanz gewonnen, weil es in den Jahren 2022 und 2023 wieder eine spürbare Teuerung gab. Entsprechend ist das Verhandeln über den Teuerungsausgleich aktuell wichtiger Bestandteil der Lohnverhandlungen. Einen automatischen Teuerungsausgleich in einem GAV festzuhalten, kann unter Umständen Sinn machen.

Michael Buletti: Man muss aber auch vorsichtig sein. Es ist zentral, wie dieser Mechanismus definiert wird. Auch bei einem automatischen Teuerungsausgleich braucht es jährliche Lohnverhandlungen mit Spielraum für Nachbesserungen. So sind beispielsweise die steigenden Krankenkassenprämien nicht im Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) inbegriffen, der die Teuerung misst.

Einmalzahlungen kommen in den meisten Resultaten vor. Wie steht der SEV dazu?

Patrick Kummer: Wenn es um kleinere Beträge geht, sind Einmalzahlungen für viele bloss ein Tropfen auf den heissen Stein. Gleichzeitig können grössere Beträge durchaus einen positiven Einfluss auf die Kaufkraft der einzelnen Person haben. Dieser Effekt ist jedoch, wie das Wort ja sagt, nur einmalig und nicht nachhaltig.

Michael Buletti: Der Vorteil ist, dass Einmalzahlungen zeitnah und relativ unbürokratisch ausgerichtet werden können. Die Arbeitnehmenden können so zum vereinbarten Zeitpunkt sofort über den gesamten Betrag verfügen. Aber wie Patrick schon sagte, sind es nur einmalige Zahlungen. Unser Fokus liegt daher auf nachhaltigen Lohnmassnahmen.

Patrick Kummer: Die erwähnten Lohnmassnahmen dienen dazu, einen Kaufkraftverlust zu verhindern und die individuelle Lohnentwicklung sicherzustellen. Sie alleine führen aber nicht dazu, dass der Fachkräftemangel verschwindet oder einzelne Berufe attraktiver werden. Die Arbeitgeber müssen einsehen, dass es grundsätzlich höhere Löhne braucht, um den Fachkräftemangel erfolgreich anzugehen.

Überblick über einzelne Ergebnisse

SBB / SBB Cargo: Teuerungsausgleich von 1 % generell, individuelle Lohnmassnahmen gemäss Lohnsystem im Umfang von 1 %, Einmalzahlung von 1000 bzw. 500 Franken (bei einem Pensum unter 50 %).

SBB Cargo International: Teuerungsausgleich von 1,7 % für alle Mitarbeitenden.

Transsicura: Teuerungsausgleich von 1 % generell, individuelle Lohnmassnahmen gemäss Lohnsystem im Umfang von 1 %, Erhöhung Stundenansatz von 1 % für Stundenlöhner:innen.

Login: Teuerungsausgleich von 1,7 % generell, 0,4 % individuelle Lohnerhöhungen, Anhebung der Lohnbänder um 1,7 %. 500 Franken Einmalprämie sowie zusätzliche individuelle Leistungsprämien.

BLS: 1,2 % generelle Lohnerhöhung (Funktionsstufen 1-14: 1,7 %, Funktionsstufen 15-28: 1 %), 0,9 % für individuelle Erhöhungen gemäss Lohnsystem, 600 Franken Einmalzahlung (abhängig vom Beschäftigungsgrad).

Zentralbahn: In zwei Lohnverhandlungsrunden wurde keine Einigung erzielt, die Vorstellungen waren zu weit auseinander. Über das weitere Vorgehen sind wir im Gespräch.

SOB: Erhöhung der Lohnsumme um 2,7 %, Anhebung der Lohnbänder um 2 %.

RhB: Lohnmassnahmen im Rahmen von 3,6 %, zusammengesetzt aus 1,8 % generell inklusive Anhebung der Lohnbänder, 1 % individuell für den Lohnaufstieg sowie 1000 Franken Einmalzahlung.

Thurbo AG: Generelle Lohnmassnahme von 1,5 % mit Erhöhung der Lohnbänder, individuelle Lohnmassnahme von 1 % sowie Auszahlung der Leistungsreserve im Umfang von 950 Franken.

Aargau Verkehr AG: Teuerungsausgleich von 2,2 %, Stufenanstiege und Beförderungen gemäss FAV, Erhöhung der Nacht- und Sonntagszulage um je 1 Franken.

Autobus AG Schwyz: 1,7 % Teuerungsausgleich, 0,3 % individuelle Anpassungen sowie 1200 Franken Einmalprämie, fünf Wochen Ferien ab dem 1. Anstellungsjahr und Einmalzahlung für alle Aktiven von 1000 Franken pro Beitragsjahr in die Pensionskasse.

Elvetino AG: 2,5 % Teuerungsausgleich gem. GAV 2024, d. h. 1,1 % Teuerungsausgleich + 1,4 % Beteiligung Arbeitszeitreduktion (-1 h).

Panoramic Gourmet AG: 1,5 % genereller Teuerungsausgleich ab 1. Januar 2024.

TransN: 1 % Lohnaufstieg gemäss GAV, 1,5 % Teuerungsausgleich.

Travys SA: Lohnaufstiege gemäss GAV sowie 1,4 % Teuerungsausgleich.

Chemin de fer Nyon–St. Cergue–Morez/Transports publics nyonnais: 1 % Teuerungsausgleich im Kontext der GAV-Erneuerung und Einführung eines Lohnsystems.

CGN: 1,7 % Teuerungsausgleich im Kontext eines neues Lohnsystems, das per 1.1.2024 eine Lohnsummenerhöhung von 8 % brachte. Automatischer Teuerungsausgleich ab 2025.

LNM: Lohnaufstiege gemäss GAV. Monatliche Prämie von 108 Franken zum Ausgleich der Teuerung, mit Ziel der Integration in die Bruttolöhne (Verhandlungen 2024).

MGBahn: Generelle Lohnmassnahme von 1,5 %, individuelle Lohnmassnahme 1%. Jubiläumsprämie von 1250 Franken (oder bei einem Teilzeitpensum entsprechend weniger), Lernende und Praktikant:innen 625 Franken.

Michael Spahr, Chantal Fischer